The Unity Archiv Zuletzt angemeldet am: Kein Eintrag
Nicht angemeldet [Anmelden ]
Gehe zum Ende

Druck-Version | Abonnieren | zu den Favoriten hinzufügen  
 Seiten:  1  2
Autor Betreff: Schopenhauer
Benway




Avatar


Beiträge: 635
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline

Motto: fire walk with me

[*] Verfasst am: 30.3.2007 um 19:40


So, zum Sub-Problem der Respektsethik vs. Mitleidsethik hier ein Text, den mein 11-jähriges Alter Ego einmal verfasst hat. Also bitte nicht aufgrund der vorhandenen logischen Unklarheiten in der Luft zerreißen sondern die Unterscheidung und emotionale Wertung nachvollziehen und dann mit meinem Jetzt-Ich darüber streiten.




Kindlicher Versuch über den Welthunger

Die Menschen geben vor, dass das Leiden der Welt sie berührt. Wenn man sie vor die Wahl stellt, möchten sie nicht, dass ein anderer Mensch hungert, egal ob in Afrika oder bei ihnen zuhause. Trotzdem leiden Menschen, obwohl die Voraussetzungen dieses Leid zu beenden gegeben sind (zehn Milliarden Menschen könnte die Weltagrarwirtschaft allein in ihrem jetzigen Ausbauzustand versorgen sagt mir das Internet). Kein unbefangener Beobachter kann hier von einem bedauerlichen Irrtum oder einem Unfall der Geschichte sprechen. Es ist eindeutig, dass der gegebene Zustand eine naturgewachsene Grundlage im Wesen des Menschen haben muss.
Wenn ein afrikanisches Land die Fussball-WM gewinnen würde, müssten dort eine Zeit lang weniger Menschen an Unterernährung sterben, das ist die Wahrheit. Solange der Grundsatz „Nur wer arbeitet, soll auch essen; nur wer etwas leistet soll auch sein“ gilt und unbewusst das Handeln und Denken der Menschen bestimmt muss jede private Hilfsaktion Makulatur bleiben.
Noch vor zweitausend Jahren hätte dieser Grundsatz so viel Sinn wie zur Zeit seiner evolutionären Entstehung gemacht: wer nach ihm handelte, hatte einen Selektionsvorteil, wer es nicht zumindest in gewissem Ausmaß tat, wurde ausselektiert. So entsteht ein psychisches Merkmal der Gattung.
Heute könnten wir problemlos anders handeln, die äußeren Voraussetzungen dafür sind gegeben. Aber wir können es eben doch wieder nicht, weil uns unsere Psyche daran hindert. Selbst in der modernen Ethik finden sich Spuren dieses Merkmals: Kants Ethik basiert auf der Pflicht einem vernunftbegabten Wesen gegenüber. Für Tiere gilt sie nicht. Sie gälte auch nicht für Indianer, Inuits oder Neger. Zusammen mit der Fähigkeit zu „dauernder körperlicher Anstrengung“(!) wird diesen „Rassen“ von Kant auch die Vernunft mit abgesprochen. Das ist nur konsequent und zeigt wie sehr dieses psychische Merkmal auch in Kant gewirkt hat.
Die Pflichtethik basiert zumindest unbewusst auf dem Gedanken, dass der Andere eine gewisse „Grundleistung“ zu erbringen habe, um Mensch zu sein, um die Zuwendung zu verdienen. Sie gleicht darin der „Ethik“ der höheren Tiere. Auch dort bekommt Zuwendung, wer Potential zeigt. Kants Ethik ist keine Ethik im eigentlichen Sinne. Sie wird niemals den Massenmord (durch bewusstes Fernhalten von den bereits entwickelten Kapazitäten, qualitativ gleichzustellen dem Verhungernlassen im Gefängnis oder KZ) an den Armen dieser Welt beenden können.
Auch für Schopenhauer waren Neger keine „echten Menschen“. Er hielt sie für völlig unfähig zur Vernunft, den Tieren ähnlicher als dem entwickelten, denkenden Europäer. Und dennoch ist für ihn die Sklaverei das größte moralische Übel der Epoche und eine Verwerflichkeit sondergleichen. Schopenhauers Ethik basiert nicht auf dem „Respekt“ vor dem anderen Menschen, sie basiert nicht auf seinen „Verdiensten“. Sie basiert allein auf der Tatsache, dass der andere ein lebendes Wesen mit dem selben Willen zum Dasein ist wie wir alle. Und damit auch fähig zum selben Leiden bei Verneinung dieses Willens zum Dasein durch die Außenwelt. Sie basiert auf dem Mitleid. Auch Tiere, selbst Pflanzen; alles was „ist“ wird nun in die Ethik eingeschlossen.
Schopenhauer meint, mit dem Mitleid das natürliche Fundament der Ethik entdeckt zu haben. Doch in Wahrheit ist seine Ethik die unnatürliche. Sie verlangt vom Menschen zu abstrahieren. Sie verlangt, das Leiden des Anderen qualitativ dem eigenen gleichzusetzen, beiden den selben Ursprung zu geben – worin sich in uns alles sträubt. Sie verlangt, den Anderen unabhängig von seinen Leistungen im Kampf ums Dasein zu beurteilen – worin sich alles in uns sträubt.
Kants Ethik ist dagegen die natürliche. Sie verlangt zumindest implizit „Respekt“ vor dem Anderen – denn kann er haben, nur muss er sich dazu selbst beweisen. Sie verlangt, den anderen als Selbstzweck zu sehen, ihm Freiheit zu geben – Freiheit, sich selbst im Kampf ums Dasein zu behaupten.
Auch heute, wo genug Nahrung vorhanden ist, darf nur essen wer auch arbeitet.
Die Kluft zwischen äußerem und innerem/psychischen Entwicklungsstand der Menschheit klafft immer weiter auf, Menschen müssen sich Arbeit suchen(!), um ihre vermeintliche Daseinsschuld abzugelten (wer in Afrika geboren wurde und mit den Kapazitäten der Europäer nicht konkurrieren kann hat Pech gehabt). Gerade jetzt ist Schopenhauers Mitleidsethik nötiger denn je.
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
...






Beiträge: 4247
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline


[*] Verfasst am: 31.3.2007 um 02:33


Darf man daraus ableiten, dass Du schon als elfjähriger Kant und Schopenhauer gelesen hast?? oO

Zitat
Original von Doc Benway
[QUOTE]Nur auch in der Pädagogik hat sich das durchgesetzt, dass man davon ausgeht. dass der kategorische Imperativ eine normale Entwicklungsstufeist, auf die ein Kind so ungefähr bei der Pubertät von selber drauf kommt als zwangsläufige Entwicklung. [/QUOTE]

Das ist für mich ebensosehr eine self-fulfilling-prophecy wie die Gehirnausmalarbeiten der Neurobiologen. Wer sehen möchte, dass jedes Kind die vereinfachte Form des kat. Imp. 'was du nicht willst, dass man dir tu...' quasi von selbst entwickelt, der wird genau das auch Sehen und 'empirisch' beweisen können. Aber unsere ganze Kultur ist IMO sowieso viel zu sehr von Kants Respektethik infiziert (glücklicherweise interessiert es an unserer Schule die meisten Lehrer aber auch nicht, was der Herr Steiner zum moralischen Entwicklungsgang des Kindes zu sagen hatte).

Zwar richtig, was Steiner anbelangt sogar sehr richtig, aber da ich leider noch eine Prüfung innerhalb der nächsten 8 Wochen machen muss, werde ich das solange aus pragmatischen Gründen im Gehirn behalten, anschließend wird es wieder gelöscht.
Der Baum macht bei mir also auch nur so lange die Geräusche, um das mal darauf zu übertragen, wie jemand hinhört, anschließend fällt er wieder so um, dass man es nicht hört, wenn er überhaupt fällt. :D
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
Benway




Avatar


Beiträge: 635
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline

Motto: fire walk with me

[*] Verfasst am: 31.3.2007 um 10:38


[QUOTE]Darf man daraus ableiten, dass Du schon als elfjähriger Kant und Schopenhauer gelesen hast?? [/QUOTE]

Ne, keine Angst. Schopenhauer hatte ich bis dahin zwar gelesen (anders kann so eine totale Fixierung auf ein Denksystem auch kaum entstehen glaube ich ;) ), Kant aber nur in Auszügen und Sekundärliteratur. Das Lustige ist, dass man im Laufe eines langen und tätigen Lebens ^^ dann immer mehr Belege findet, die die einmal aufgestellte Theorie bestätigen. Ich werd also nicht älter und erwachsener, ich steigere mich nur tiefer in meine Traumwelt hinein, die ich mir schon als Elfjähriger angefangen hab aufzubauen :D

[QUOTE]Zwar richtig, was Steiner anbelangt sogar sehr richtig, aber da ich leider noch eine Prüfung innerhalb der nächsten 8 Wochen machen muss,werde ich das solange aus pragmatischen Gründen im Gehirn behalten, anschließend wird es wieder gelöscht.[/QUOTE]

Wusste gar nicht, dass du bei den Anthroposophen gelandet bist.... Erzähl mal, wie ist es da so und was machst du genau?
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
...






Beiträge: 4247
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline


[*] Verfasst am: 1.4.2007 um 01:24


Nä, Missverständnis.

Mit Steiner hab' ich nichts zu tun, den Quark müssen wir nicht auch noch lernen, ich hoffe zumindest, dass ich keinen Prüfer von dem anthroposophischen Gesocks bekomme.

Ich meinte das mit Steiner eben auf Deine Äußerung bezogen und das, was ich erstmal annehme, um die Prüfung zu bestehen, sind diese neurophilosophischen Ansätze, die den kategorischen Imperativ als normale Entwicklungsstufe beinhaltet.
Wobei ich das eigentlich auch begründet bestreiten kann, denn letztendlich ist der Mensch ein soziales Wesen, was ich mal einfach als Postulat setze und dann ist es nix anderes, dass er danach handelt, als ein Versuch einer Kontaktaufnahme zu verstehen.
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
Benway




Avatar


Beiträge: 635
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline

Motto: fire walk with me

[*] Verfasst am: 1.4.2007 um 12:32


[QUOTE]Mit Steiner hab' ich nichts zu tun, den Quark müssen wir nicht auch noch lernen, ich hoffe zumindest, dass ich keinen Prüfer von demanthroposophischen Gesocks bekomme.[/QUOTE]

Achso, das beruhigt mich jetzt (irgendwie sind alle Kids, die von anthroposophischen Einrichtungen zu uns geschickt werden hochgradig traumatisiert).
Und was den kat. Imp. bei Behinderten angeht, wärs zwar vielleicht schön, wen einige mal so eine ähnliche Denkweise entwickeln, aber darauf hinwirken zu wollen find ich irgendwie völlig verfehlt, gerade bei Behinderten. Die meisten haben schon ein ganz gutes Gefühl dafür, was bei anderen Menschen jetzt geht und was nicht, ohne dass man sie darüber noch großartig belehren müsste.
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
dian




Avatar


Beiträge: 1840
Registriert seit: 13.7.2007
Mitglied ist Offline

Motto: Kein Motto

[*] Verfasst am: 1.4.2007 um 12:55


Ein Jammer, dass ich dich nicht schon als Elfjährigen getroffen habe... das hätte ich wirklich nur zu gern mal live gesehen, wie so ein Knirps plötzlich anfängt, über Schopenhauer und Kant zu diskutieren.
Naja, wundert mich dann jedenfalls nicht, wenn da manch Altersgenosse nicht wirklich viel mit dir anzufangen wusste. (bzw. du nicht mit ihm *g*)

Übrigens, hattest du nicht noch was erzählt von irgendwelchen lyrischen Ergüssen von dir? Solltest du bei Gelegenheit auch mal hier posten... meinetwegen auch das Zeug, was du als 8jähriger geschrieben hast. Ist wahrscheinlich immer noch intelligenter als die Gedanken eines durchschnittlichen 30jährigen.
Homepage des Benutzers besuchen Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
Benway




Avatar


Beiträge: 635
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline

Motto: fire walk with me

[*] Verfasst am: 1.4.2007 um 14:09


[QUOTE]das hätte ich wirklich nur zu gern mal live gesehen, wie so ein Knirps plötzlich anfängt, über Schopenhauer und Kant zudiskutieren.[/QUOTE]

Hättest du nicht, glaub mir. Ich hab das durchaus ernst gemeint, dass ich mal ein ziemlich erbärmliches Stück Treibholz war. Und auch sonst würde ich die Beschäftigung mit Schopenhauer und noch einer Handvoll anderer der ganz großen Denker und Schreiberlinge nachträglich ganz gerne aus meinem Leben streichen...es ist einfach sehr schwer, unter dem Einfluss einer so übermächtigen Präsenz selbst eine eigene Gedankenwelt aufzubauen, zu der man vertrauen haben kann. Nunja...wenigstens hab ich es geschafft, mir einige der mutmaßlich ihnteressantesten Stellen aus den Parergra ungelesen aufzuheben...die werd ich dann aufschlagen, wenn ich 60 bin, oder gar nicht.


[QUOTE]Übrigens, hattest du nicht noch was erzählt von irgendwelchen lyrischen Ergüssen von dir? Solltest du bei Gelegenheit auch mal hierposten... [/QUOTE]

Mh, dann werd ich jetzt mal einen kleinen Schwall Ergüsse im Kunstforum posten. Da ich zur Zeit aber a) keine Kritik vertrage und mir b) ziemlich sicher bin, dass mein "lyrisches" Geschreibsel im Endeffekt wahrscheinlich nur mir und meinem klon verständlich ist, werden es tatsächlich ein, zwei Gedichte sein, die schon ein paar Jahre alt sind, die dürfen dann auch nach Herzenslust kritisiert werden :D
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
...






Beiträge: 4247
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline


[*] Verfasst am: 2.4.2007 um 02:37


Der Kategorische Imperativ wird bei geistig behinderten Menschen auch nicht erreicht, denn, wenn jemand mal das Niveau eines Zwölfjährigen erreicht, dann wird der mit Sicherheit keinen müden Cent mehr für seine Integration in die Gesellschaft sehen, dann müssten wir ungefähr 50 % der Menschheit in Behindertenheimen betreuen.

Und ich hab' mit 12 angefangen, Kafka zu lesen, da war ich ziemlich vernarrt drin. Habe ich aber mehr für eine pubertäre Geltungssucht gehalten, aber mein bester Freund damals, der auch später mein erster richtiger schwuler Freund wurde, machte das dann auch, da fühlte ich mich nicht so intellektuell.
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
Benway




Avatar


Beiträge: 635
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline

Motto: fire walk with me

[*] Verfasst am: 2.4.2007 um 20:30


[QUOTE]Der Kategorische Imperativ wird bei geistig behinderten Menschen auch nicht erreicht, denn, wenn jemand mal das Niveau eines Zwölfjährigen erreicht, dann wird der mit Sicherheit keinen müden Cent mehr für seine Integration in die Gesellschaft sehen, dann müssten wir ungefähr 50 % der Menschheit in Behindertenheimen betreuen.[/QUOTE]

:D danke Komm hin und wieder auch nicht drum herum, mich zu fragen, ob einige der Aufpasser bei uns nicht besser in der Obhut ihrer Schüler aufgehoben wären


[QUOTE]Und ich hab' mit 12 angefangen, Kafka zu lesen, da war ich ziemlich vernarrt drin. Habe ich aber mehr für eine pubertäre Geltungssuchtgehalten[/QUOTE]

Mit 12 warst du schon so sicher in der Pubertät? ;) Naja, Kafka lohnt sich, egal ob man aus Geltungssucht darauf stößt oder aus anderen Gründen. Ist lustigerweise der einzige 'anerkannte' deutschsprachige Schriftsteller, dem ich was abgewinnen kann (alle Anderen werden einem über acht Jahre Deutschunterricht hinweg ja gründlich vermießt).
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
...






Beiträge: 4247
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline


[*] Verfasst am: 3.4.2007 um 02:56


Jau, bin mir sicher, dass ich das ab der sechsten Klasse war. Da begann meine Geschlechtsreife auch deutlich psychisch spürbar.

Ich hab' noch ein paar andere deutschsprachige, die mir in der Penne nicht vermiest wurden, nur bei Kafka ist es auch schön, dass sein Gesamtwerk ziemlich leicht überschaubar ist.
Aber wenn wir jetzt wieder mit deutschen Literaten ankommen, dann passieren immer irgendwelche komischen Sachen im Forum.
Das lieber mal in 'nem eigenen Thread irgendwann.
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
Xoc






Beiträge:
Registriert seit: 1.1.1970
Mitglied ist Offline


[*] Verfasst am: 9.4.2007 um 21:16


[QUOTE]Ja, aber irgendwie nur negativ ;)...was ist moralisch verwertbar an der Tatsache, dass ich für die selbe Arbeit die selbe Anzahl Äpfel haben will wie der andere? Diese Art von Verhalten lässt sich nun wirklich prima als evolutionärer Prozess erklären und damit wird es eben beliebig, soll heißen alles was wir darüber sagen können ist, dass es funktioniert und dass dieses Funktionieren der "Grund" dafür ist.[/QUOTE]

1. Ich weiss ja nicht, wie du Moral verwerten möchtest, aber mir reicht die gut funktionierende Anwendbarkeit bei gleichzeitiger theoretischer Begründbarkeit vollkommen.
2. Wieso wird es durch die evolutionäre Erklärung beliebig? Ich denke genau das Gegenteil, nämlich, dass dadurch erst Verhalten nicht mehr beliebig ist.


[QUOTE]Na dann Glückwunsch ;) Wenn du dich jetzt allerdings angegriffen fühlst, weil ich dir unterstellt habe, keine Erkenntisarbeit geleistet zu haben, dann steckst du nach meinem System ganz tief in der Respektsethik...[/QUOTE]

Keine Sorge, so empfindlich bin ich wirklich nicht. Allerdings könnte man dir unterstellen, dass du das beabsichtig hattest...

[QUOTE]
Wie willst du irgendeine abstrakte Kategorie ohne Erfahrung (oder noch banaler: ohne Hirn) aufstellen? Wie kann man überhaupt Kategorien machen, ohne dass man aus der Erfahrung Inhalte nimmt, die man in diese einsortieren könnte? Oder wie willst du auf den Apfel, der "tatsächlich" am Baum hängt schließen ohne durch die Erfahrung von einem "Apfel" zu wissen?
[/QUOTE]

Ich meinte hier Schliessen im Sinne von logisch schliessen. Dinge Benennen ist kein logischer Schluss. Das habe ich gesagt. Was du sagst, ist auch richtig, glaube ich, widerspricht dem aber nicht.

[QUOTE]Die Einteilung die du vorbringst ist recht geläufig, Déscartes bringt noch eine ganz ähnlich vor (d.h. er unterschiedet immerhin schonzwischen dem, was wir wahrnehmen und dem, was man als die Quelle dieser Wahrnehmung vermuten könnte). [/QUOTE]

Schön, alte Denker dürfen gerne meine Theorien kopieren, ich erhebe da kein Copyright drauf :)

[QUOTE]Kant räumt damit auf, indem er sagt, dass wir a posteriori über nichts Bescheid wissen können, was über unsere Wahrnehmung hinsausgeht. Dereinzige Weg, auf dem man auf die "Quelle" einer Erscheinung schließen könnte ist a priori und dann landet man beim Ding an Sich.[/QUOTE]

Laut Wikipedia gehen Mathematik und Logik a priori vor.
Allerdings würde das dann heissen, dass die Physik z.B. diesen einzigen Weg geht.
Hm, ich finde einfach nichts Verwertbares an deinen Aussagen :(
Wie ich sie auch zu interpretieren versuche, entweder sie werden falsch oder trivial.

[QUOTE]Mir ging es gerade um den Missbrauch der mit bildgebenden Verfahren zur Zeit betrieben wird, da ist die Kacke gerade am stärksten amDampfen.[/QUOTE]

Mir ist bekannt, dass die sehr beliebt sind aber so krass unbrauchbar, wie du sie darstellst, halte ich sie wirklich nicht. Sie zeigen halt die Stärke der neuronale AKtivitäten in verschiedenen Regionen an, so dass andersrum Schlüsse möglich sind, wie stark welche Bereiche an was beteiligt sind.

Also zumindest das, was ich mir über Gehirnforschung aneigne ist weitgehend fundiert. Ich kann deine Kritik nur sehr begrenzt nachvollziehen.



[QUOTE]Du musst dich aber schon entscheiden, ob ein Baum jetzt beim Umfallen ein Geräusch macht, wenn keiner hinhört oder nicht, da kommt man seitKant nicht mehr drum herum.[/QUOTE]

Da habe ich auch eine klare Meinung dazu: Ja, macht er unter der Voraussetzung, dass Geräusch nicht die Sinneswahrnehmung beschreibt, sondern die Luftfibration.

[QUOTE]Ich hab absichtlich "Intuition" geschrieben und nicht "Erkenntis a priori", damit der Sinn vielleicht verständlicher wird, das ging somitnach hinten los und ist ein Argument für sprachliche Exaktheit zuungusten der Verständlichkeit.[/QUOTE]

Ja sei ruhig exakt. Aber kannst du nicht für deine Exaktheit etwas modernere Wörter benutzen? Das würde mein Verständnis erleichtern. Ich bin mir sonst nie sicher, was du tatsächlich ausdrücken möchtest.

[QUOTE]Für den Vorkantianer und den modernen Empiriker schon, für Menschen, die erkannt haben, dass das Vorhandensein von Schallwellen beim Umfallen eines Baumes von der Existenz eines Schallwellenmessgeräts abhängt, eher nicht, für die ist das sogar die einzige Art, überhaupt irgendwas zu erkennen. [/QUOTE]

Es hängt nicht davon, ab, ob da gerade eins rumsteht.
Wenn du allerdings lediglich sagen möchtest, dass nur Dinge existieren, die eine Wirkung haben, weil man im Prinzip alles, was durch diese Dinge beinflusst wird als Messgerät bezeichnen kann, dann stimme ich dir zu.

[QUOTE]Ich bestreite nicht das Ding ansich, sondern ich sage, genau diese Gemeinsamkeiten sind das Ding ansich (Oder es wird damit zur Definitionsfrage, ob ich es bestreite, wie du möchtest). Ich bestreite aber, dass es noch irgendwie "dahinter" ist, das halte ich für eine naive Vorstellung, die man den alten Philosophen bei ihrem Kenntnisstand aber nicht übel nehmen kann.[/QUOTE]

[QUOTE]Also gut, dann leg dir eben mir zuliebe einen neuen Namen für diese Vorstellung vor, "Ding an Sich" hat Kant auf jeden Fall schon für dasvor der Erfahrung (und damit jenseits von Gemeinsamkeiten liegende) reklamiert. [/QUOTE]

Namen sind mir egal, solange ich die Bedeutungen kenne.

Zitat
Aber schreib doch mal, welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse Kants Erkenntistheorie nun widerlegen.


Ich will eigentlich gar nicht Kant widerlegen, sondern nur dich oder deine Interpretation davon, weil du den Eindruck machst mir zu widersprechen, nicht Kant :)

Allerdings habe ich wie gesagt grosse Probleme dich zu verstehen, aufgrund der Ausdrucksweise...
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
Benway




Avatar


Beiträge: 635
Registriert seit: 12.7.2007
Mitglied ist Offline

Motto: fire walk with me

[*] Verfasst am: 10.4.2007 um 15:33


[QUOTE]1. Ich weiss ja nicht, wie du Moral verwerten möchtest, aber mir reicht die gut funktionierende Anwendbarkeit bei gleichzeitiger theoretischer Begründbarkeit vollkommen. 2. Wieso wird es durch die evolutionäre Erklärung beliebig? Ich denke genau das Gegenteil, nämlich, dass dadurch erst Verhalten nicht mehr beliebig ist.[/QUOTE]

Wohl jedes jemals am Menschen beobachtete Verhaltenspotential lässt sich (normalerweise auf mindestens ein dutzend Arten) evolutionär "erklären". Wenn es also nur eine Erklärung à la 'Das hat unseren Vorfahren zum Überleben gedient' oder 'Gott wollte das so' braucht, damit ein Verhalten nicht mehr beliebig ist, dann erübrigen sich alle Fragen von selbst. Wenn eine physische Erklärung einen Begriff tatsächlich erklärt, gibt es streng genommen auch keinen Grund mehr, überhaupt Begriffe zu definieren, da man als moderner Empiriker ja ohnehin bereits im Voraus davon ausgeht, dass sich alles physisch erklären lässt.
Wenn der Teil des Verhaltensspektrums, den wir "ethisches Handeln" nennen, sich ebenso wie alle anderen denkbaren Teilmengen des Spektrums evolutionär erklären lässt, dann gibt es überhaupt keinen Grund mehr überhaupt zu diffenzieren (oder zumindest so zu differenzieren), der Begriff "Moral" verliert seine Berechtigung und wird dadurch beliebig.


[QUOTE]Keine Sorge, so empfindlich bin ich wirklich nicht. Allerdings könnte man dir unterstellen, dass du das beabsichtig hattest...[/QUOTE]

Ich bin doch viel zu naiv in meinem holistischen Welterklärungssystem befangen, um zu solchen Zynismen in der Lage zu sein ;)...


[QUOTE]Ich meinte hier Schliessen im Sinne von logisch schliessen. Dinge Benennen ist kein logischer Schluss. Das habe ich gesagt. Was du sagst, istauch richtig, glaube ich, widerspricht dem aber nicht.[/QUOTE]

Du hast unterschieden zwischen dem Apfel "wie er tatsächlich am Baum hängt" (1) und dem Apfel "wie wir ihn wahrnehmen" (2). (1) "verursacht" dabei (2), da liegt mein Problem. Du brauchst zwar keinen Syllogismus, um (1) aus (2) zu folgern, aber die Kategorie der Kausalität.
Die Erfahrung, dass einer Wirkung eine ursache vorausgeht (Kausalität) machst du a posteriori durch Erfahrungen (eine Kugel stößt eine andere an, ein Apfel fällt vom Baum usw., man kann das dann natürlich auch systematisieren, wie Newton es getan hat). Die Kausalität gilt innerhalb des Systems, in dem wir sie erfahren, messen und systematisieren können, ob sie in einem anderen System auch gilt, können wir nicht sagen.
Wer außerhalb der Erfahrungswelt kausale Bindungen aufstellt begeht bereits einen Fehler, er extrapoliert. Darauf hat Kant hingewiesen und damit die Philosophie revolutioniert. Es gibt keinen "Grund" für das Vorhandensein des Apfels wie wir ihn sehen, genausowenig wie es einen Grund für das Vorhandensein der Welt gibt. Wir können nur sagen, dass es den Apfel so gibt, wie wir ihn sehen, darüber hinaus können wir keine Aussagen machen, nur noch Postulate.


[QUOTE]Sie [bildgebende Verfahren] zeigen halt die Stärke der neuronale AKtivitäten in verschiedenen Regionen an, so dass andersrum Schlüssemöglich sind, wie stark welche Bereiche an was beteiligt sind.[/QUOTE]

Wir reden hier im Grunde beide auf Laienniveau, aber gerade wenn man als Laie beginnt, sich für die Entstehungsgeschichte dieser bunten Bildchen zu interessieren, muss man eigentlich ziemlich schockiert sein. Die Unterschiede im Bereich der neuronalen Aktivität zwischen verschiedenen Hirnregionen sind derart gering, dass wie gesagt auch renommierte Neurophysiologen aus der selben Tabelle mit Messwerten völlig verschieden aussehende fMRT-Aufnahmen zaubern können, kommt halt ganz darauf an, welche Grundaktivität man voraussetzt und ab wann ein Ausschlag als signifikant betrachtet wird (schön bizarre Beispiele für diese Methode gibts zB im von Carsten Könnecker herausgegebenen Band "Wer erklärt den Menschen?"). Was vor allem in den Infotainmentblättern à la Spektrum und so als objektive Resultate verkauft wird, besteht zu 50%-80% aus Interpretation, jede fMRT-Aufnahme ist "retuschiert".


[QUOTE]Da [zur Frage nach dem Baum] habe ich auch eine klare Meinung dazu: Ja, macht er unter der Voraussetzung, dass Geräusch nicht dieSinneswahrnehmung beschreibt, sondern die Luftfibration.[/QUOTE]

Die Luftfibration muss vom Beobachter auch erst konstruiert werden, genau wie das Geräusch. Dass irgendetwas "ist" ohne wahrgenommen zu werden, ist undenkbar, da niemand da ist, der das Prädikat "sein" zuweisen könnte.

[QUOTE]Wenn du allerdings lediglich sagen möchtest, dass nur Dinge existieren, die eine Wirkung haben, weil man im Prinzip alles, was durch dieseDinge beinflusst wird als Messgerät bezeichnen kann, dann stimme ich dir zu.[/QUOTE]

Jede Wirkung muss konstruiert werden, jede Wirkung ist ein Wahrgenommenes. Auf irgendeine Weise muss ein Ding wahrgenommen werden um zu sein. Der Baum fällt um, wenn jemand dieses Umfallen wahrnimmt, d.h. konstruiert, ob nun per Sinnesreiz, Schallwellenmessgerät oder gar auf atomarer Ebene...wenn das nicht der Fall ist, gibt es den Baum nicht und die Frage ob er noch steht oder nicht wird unstellbar.


[QUOTE]Ja sei ruhig exakt. Aber kannst du nicht für deine Exaktheit etwas modernere Wörter benutzen? Das würde mein Verständnis erleichtern. Ichbin mir sonst nie sicher, was du tatsächlich ausdrücken möchtest.[/QUOTE]

In einem anderen Thread hab ich gerade gelesen, dass du Kants Schreibstil scheiße findest...Kant zu lesen ist zwar wirklich scheiß anstrengend, aber es hat IMO schon seinen Grund, dass die beiden Kritiken nie in einer zeitgemäßen "Übersetzung" erschienen sind, obwohl die beiden Texte das mit Sicherheit nötiger hätten als die Bibel. Dafür wie exakt Kant definiert, fand ich seinen Schreibstil schon immer grandios (wenn er jetzt parataktisch statt hypotaktisch geredet hätte, würde es noch viel schwerer fallen, die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Aussagen zu erkennen) und ich kann es mit Sicherheit nicht besser.


[QUOTE]Ich will eigentlich gar nicht Kant widerlegen, sondern nur dich oder deine Interpretation davon, weil du den Eindruck machst mir zuwidersprechen, nicht Kant [/QUOTE]

Du hälst das Ding an Sich für eine naive Vorstellung der älteren Denker und meinst, dass diese Vorstellung etwas mit ihrem geringen Kenntnisstand zu tun haben könnte. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, welche empirischen Erkenntnisse der letzten zweihundert Jahre das Postulat einer nicht kausal mit der Erscheinung verknüpften Grundlage der Erscheinung obsolet machen oder gar widerlegen könnten.
Alle Beiträge des Benutzers ansehen PN-Nachricht an Benutzer
 Seiten:  1  2


  Gehe zum Anfang


[Abfragen: 19]
[PHP: 53.7% - SQL: 46.3%]