hopeless
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Verfasst am: 13.7.2006 um 19:32 |
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Akrasia
kann man freiwillig etwas tun, obwohl man davon überzeugt ist, dass eine alternative handlung besser ist?
http://de.wikipedia.org/wiki/Akrasia
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deep7
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Verfasst am: 13.7.2006 um 20:36 |
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vllt. wenn man etwas illegales macht wie telefonzellen einschlagen, damit man in der gruppe cool dasteht, ka ^^
gut möglich, dass der begriff akrasia auf dieses bsp. nicht anwendbar ist, ka, ist ja eher philosophisch
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Sk0rpiD^
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Verfasst am: 13.7.2006 um 22:12 |
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Naja, ich kenn da mich als bestes Beispiel:
Ich bin raucher... es schmeckt mir nicht, ich hasse den Gestank, ich werde gesundheitlich geschädigt, ich muss immer schauen, wo ich Eine rauchen
kann und das Geld spielt auch keine unerhebliche Rolle...hab eigentlich genügend, was gegen das Rauchen spricht, tu es dennoch...
Ich stehe auf und denke mir erstmal (da ich in der Früh immer ans Rauchen denk): NEIN, ich rauche keine... mit der Zeit kommt es dann so, dass ich
mir eine ansteck ohne dass ich es selbst überhaupt merke (unterbewusst??) und ich denk mir "Ne, eigentlich will und soll ich garnet rauchen..."...
dennoch rauche ich die Zigarette bis zum Schluss...
Das kann man, denke ich, als Akrasia bezeichnen, oder?
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...
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Verfasst am: 13.7.2006 um 22:45 |
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Ist bei Nikotin so ´ne Sache, da es ein Nervengift ist, dass auch psychische Abhängigkeit hervorruft. Und von Sucht sollte man eben diese Akrasia
abgrenzen.
Aber ich kenne das Problem auch, selbst wenn ich monatelang nicht geraucht hatte, z.B. wegen Krankenhausaufenthalte oder so. Da ist der Körper
vollständig entgiftet und es besteht überhaupt kein Bedürfnis, zu rauchen, trotzdem entscheide ich mich, wieder mit dem Rauchen anzufangen, obwohl
ich weiß, dass ich dann recht bald wieder auf mindestens 20 Kippen am Tag bin.
Und da ist, bevor man sich die erste Zigarette nach langer Zeit wieder ansteckt, ganz klar der Gedanke da, dass es Unsinn ist, was man jetzt macht,
aber irgendwie ist da auch ein Gedanke, der Dir sagt, dass es Zeit wird, wieder zur Normalität zurückzukehren. Ist also nach der Definition auch
schon wieder ein Grenzfall, ob es sich da um Akrasia handelt.
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hopeless
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Verfasst am: 13.7.2006 um 23:32 |
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außerdem gibt es ja wohl auch gründe, die zur kippe greifen lassen.. die sind vielleicht nicht so offensichtlich, aber vorhanden.
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Unmensch
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Verfasst am: 14.7.2006 um 02:20 |
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Hm, da gibt es ja zig Beispiele für. Ist genauso bei einem Fleischesser, der eigentlich Tiere mag.
Oder einem Arbeiter, der sein Chef nicht mag und sich sinnvolleres vorstellen kann, als den ganzen Tag über Dinge zu tun, die ihm eigentlich zuwider
sind.
Das hängt natürlich immer von vielen Faktoren ab, die einem davon nicht losbringen. Meist ist es wohl das Abhängigkeitsverhältnis. Ganz egal in
welchem Sinne.
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Ina
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Verfasst am: 14.7.2006 um 08:28 |
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Das sind wohl einander widersprechende Triebe, die da in einem walten und obwohl man rational vielleicht wüsste, dass es klüger wäre, dem einen
nachzugeben, ist der andere doch stärker.
Jemand weiß z.B., dass es böse in die Hose gehen kann, mit über 200 über die Autobahn zu rasen - es muss nur irgendein Trottel zu knapp vor ihm
einscheren - und trotzdem macht er es, weil es geil ist.
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Ina
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Verfasst am: 14.7.2006 um 08:55 |
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Andererseits *g*
jetzt, nach der Lektüre des Textes habe ich eine gewisse Abneigung gegen diese automatenhaften, psychologischen Erklärungen und tippe mal wild
darauf los:
Man könnte die Freiheit seines Willens nämlich gerade dadurch beweisen, dass man das tut, was nicht das Bessere ist, denn das Bessere zu tun wäre
nur automatenhaft. Somit wäre die irrationale, sinnlose, unvernünftige, ja schädigende Handlung der Protest gegen den maschinenartigen
Rationalismus und das kleinliche Abwägen der Fakten und Motive - sie wäre eine Art Opfer, eine überbordende Verschwendung im Sinne von "Geben ist
seliger denn Nehmen". Klar kann man auch hier wieder rationalisieren und sagen, dass eben der Wunsch nicht zu rationalisieren stärker ist als alles
andere, aber allmählich wird es schwierig und vielleicht könnte eine solche akratische Handlung etwas sehr Edles sein in dem Sinne, dass starken,
aber niedrigen Empfindungen (z.B. der Vorsicht, sich nicht zu schaden) widerstanden wird zu Ehren irgendeiner Blödsinnigkeit, eines unklar
formulierten Konzeptes, eines unbekannten Gottes oder was auch immer. Letztlich ist auch das sinnlos, weil unmöglich, denn natürlich liegen auch
hier auf dem Grund Triebe und Motive, die einen schon irgendwie zu dem zwingen, was man tut. Aber vielleicht wird die Sache gerade durch diese
letztliche Unmöglichkeit, nicht an ihr zu scheitern, wieder auf eine perverse, verwickelte Weise in sich konsistent.
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hopeless
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Verfasst am: 14.7.2006 um 18:46 |
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diese perverse, verwickelte weise musst du mir erläutern. genau da liegt doch der hase im pfeffer
ich hab den artikel zwar nicht komplett gelesen, aber ich zweifle doch stark daran, dass man tatsächlich etwas völlig "akratisches" tun kann. wenn
man sich an dem wortlaut "wider besseren wissens" festhalten will, würde ich sagen, das wissen dann etwas momentanes sein muss..
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Seneca
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Verfasst am: 14.7.2006 um 19:29 |
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Doch ich kenn das von der Schokolade. Von der bin ich zwar nicht abhängig, sie schmeckt mir auch nicht, aber ich esse viel zu viel davon.
Da muss ich mich mächtig zusammenreißen, weil ich des Zeugs sowas von ekelig finde aber trotzdem immer in mich reinstopf.
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Ina
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Verfasst am: 14.7.2006 um 20:23 |
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Ach, für so ein altes Materialistenweib wie mich, das den Menschen auch nur für eine Teilchenansammlung hält, die genausowenig einen freien Willen
hat wie alles andere, ist dieses Problem eh kein echtes Problem.
Und was den menschlichen Geist angeht, das ist irgendwie so eine kranke Anomalie zwischen den Sternen, die erstmal bloß dazu gedient hat, mit der
Umwelt besser klar zu kommen und folglich auf Fressen und Ficken spezialisiert ist. Ansonsten ist er hauptsächlich für einen ganzen Haufen hübsche
Paradoxa gut und der Scheiß ist nur, dass man da dummerweise mittendrin sitzt. Ansonsten nerven mich da bloß gelegentlich so lineare Erklärungen
wie "der Mensch tut das, was er für das Beste hält" - also klar werde ich Probleme haben, das zu widerlegen, aber diese schlichte Formel scheint
mir der komplexen Abartigkeit des Problems doch nicht gerecht zu werden. Meistens macht "der Mensch" meiner Meinung nach nämlich irgendeinen
Schmarrn - naja, vielleicht will ich nur die Menschheit für nicht ganz so doof halten, wie sie sein muss, wenn DAS HIER das Ergebnis von lauter
menschlichen Geistern ist, die meinten, sie täten das Beste. Unter dieser Voraussetzung gehörte der "Heroismus" an der Sache tatsächlich ins
Blödsinnige und wir müssten gerade deshalb "akratisch handeln", weil es nicht geht. Man "handelt akratisch", obwohl man weiß, dass man nicht
akratisch handeln kann und genau darin besteht die akratische Handlung und der "heroische Blödsinn" (ich meine, für vernünftige Gründe den
Helden zu machen ist doch bloß vernünftig und folglich nicht sonderlich heroisch). Das ist die letztliche Konsistenz des Paradoxen, das mit dem
Paradoxen einverstanden ist - oder so :D
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...
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Verfasst am: 15.7.2006 um 00:17 |
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Das ist eine der Einseitigkeiten der Prämissen, die Platon gerne gemacht hat.
Er hat eine Zielstrebigkeit des Handelns vorausgesetzt.
Normalerweise handelt aber eben der Mensch nach ganz anderen Vorstellungen als wie Zielstrebigkeit.
Das bekommt er ja nicht mal bei den elementaren Sachen wie Ficken und Fressen immer hin, da ein Ziel so zielstrebig zu verfolgen, dass er befriedigt
sein könnte..
Das Beispiel von @Unmensch ist da gut für geeignet. Der Mensch arbeitet, weil er eben sich keinerlei Gedanken über seine Vorteile macht. 95 % der
Menschen sind doch gar nicht in der Lage, darüber nachzudenken, was für sie das Sinnvollste wäre. Also handeln sie weder akrasiatisch noch
krasiatisch. Sie handeln nach eingeübten Verhaltensmustern, die man zwar nicht als Sucht bezeichnen kann, die aber gerade diese Entscheidungsfreiheit
verhindern. (Oder evtl. auch verhindern sollen!?!)
Und damit wäre sogar eine Prämisse, die Platon selbst gemacht für eine Definition über Akrasia hinfällig, weil eben gar keine Willensfreiheit
zumeist existiert.
Es sei denn, man definiert wieder das Nicht - Darübernachdenken als Willensfreiheit und als beste Möglichkeit für die meisten Menschen, da Denken
mit Arbeit verbunden sein könnte, die die meisten Menschen unterlassen, weil sie sowieso wissen, dass sie das eben nicht können.
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