observing earth
was bisher geschah...
Die beiden Außerirdischen Xairon und Zethu befinden sich in ihrem getarnten Beobachtungsposten auf dem Planeten Erde, weil Xairon das Verhalten der
Menschlinge und deren Chancen auf das Erklimmen einer höheren Evolutionsstufe untersuchen wollte.
Zethu, der die Menschlinge verachtet und nur wegen seiner Verbundenheit zu Xairon mitgeflogen ist, fällt es jedoch zuweilen reichlich schwer, das
Interesse seines Freundes an diesen primitiven Wesen nachzuvollziehen.
„Affen, die sich Kleidung anziehen und Automobile benutzen, sind mir irgendwie suspekt.“, meinte er eines Tages abschätzig. „Außerdem stinken
sie und haben keinen Stil. Ich glaube kaum, dass es diese Spezies jemals aus ihrem eigenen Sonnensystem heraus schaffen wird.“
Xairon dagegen hat viele Schriften der Menschlinge studiert und glaubt fest an das Potential dieser Wesen... selbst dann noch, als er bei einer
Außenbegehung des Planeten trotz Tarnung von zwei aggressiven Männchen bedrängt wurde. Nur Zethu’s schnellem Eingreifen war es zu verdanken, dass
die beiden keinen größeren Schaden anrichten konnten.
Während Xairon seinen Tarngenerator auf eventuelle Fehlfunktionen überprüft und letzte Vorbereitungen für ihre baldige Abreise trifft, reinigt
Zethu angewidert seine Haut von dem roten Blut der in Notwehr erlegten Zweibeiner.
Zethu: „Das ist widerlich! Animalisch! Ich sagte dir doch, du kannst mit diesen Wesen nicht vernünftig
reden.“
Xairon: „Du kannst bloß ihre Gesten nicht richtig deuten. Ich glaube, der eine wollte einfach nur, dass ich mit in
ihren Bau komme, damit sie mich besser kennenlernen können...“
Zethu: „Dafür braucht er uns aber nicht anzufallen. Du weißt, ich akzeptiere das Lebensrecht eines jeden Tieres...
und sei es auch noch so primitiv. Aber wenn es meinen besten Freund attackiert, dann hat es dieses Recht verwirkt.“
Xairon: „Vermutlich hatten sie einfach nur Angst... fühlten sich von uns seltsamen Fremden in die Enge
getrieben.“
Zethu: „Ich glaube eher, es liegt in der Natur dieser Menschlinge, so zu handeln. Oder meinst du, die kleiden sich
umsonst in solche aggressiv wirkenden, enganliegende Gewänder, wenn sie nicht von vorneherein auf Streit und Konfrontation aus wären?“
Xairon: „Das, was die anhatten, waren offenbar sogenannte „Uniformen“. Der Sinn davon ist, dass jeder erkennt,
dass sie eine bestimmte Aufgabe in der Herde erfüllen. Vermutlich haben sie so eine Art Schutzfunktion... also, fremde oder feindlich gesinnte
Lebensformen zu überprüfen und gegebenenfalls zu eliminieren, wenn sie der Herde gefährlich werden könnten.“
Zethu: „Aber ist doch irgendwie komisch, oder? Wieso wollen sie das unbedingt durch ihre Kleidung signalisieren? Ist
ihnen ihre gesellschaftliche Aufgabe denn so wichtig, dass sie dafür ihrem Körper ein bestimmtes Aussehen verpassen müssen?“
Xairon: „Viele der Menschlinge scheinen sich vor allem durch die Aufgabe, die sie in ihrer Herde innehaben, zu
definieren. Daher ist es ihnen in der Tat oft wichtig, die jeweilige Tätigkeit, die sie Ausüben, durch ihr äußeres Erscheinungsbild zu
untermauern. So tragen die Wächter der Herde oft blau oder grün, während diejenigen, die die Toten in die Erde stecken, eine schwarze Tracht
bevorzugen.“
Zethu: „Aha. Aber wenn sie sich nur durch die Aufgabe definieren, die sie innerhalb ihrer Herde ausüben... was ist
dann, wenn sie der Herde einmal abhanden kommen? Oder wenn die Herde sie einfach nicht mehr benötigt? Dann wären sie ja praktisch nicht mehr
existent.“
Xairon: „Viele dürften durch diesen Widerspruch dann in der Tat schwere psychische Erkrankungen erleiden. Sie
fühlen sich wertlos, traurig, sehen keinen Sinn mehr in ihrem Dasein und kriechen in ihre Beton-Nester zurück, um dort zu sterben.“
Zethu: „Ja. Wie ich schon sagte... dieser Planet ist im Grunde doch nichts anderes als eine Kolonie aufrecht gehender
Ameisen. Mit Königinnen, Drohnen, Arbeitern... alles, was eben so dazugehört. Ich frage mich wirklich, wie die es mit einem solchen, von den
Insekten übernommenen System überhaupt zum Entwickeln von primitiven Raumfortbewegungsmitteln geschafft haben...“
Xairon: „Weil sie eben doch etwas besonderes sind?“
Zethu: „Zumindest sind sie für ein paar Lacher gut. Sie schließen sich instinktiv immer zu größeren Herden
zusammen, achten aber gleichzeitig peinlich genau darauf, dass innerhalb der Herde jeder sein eigenes abgestecktes Areal hat, in dem ihm niemand zu
Nahe kommen darf. Wenn du mich fragst, ist das geradezu absurd... So, als ob sich jemand freiwillig auf eine Raumreise begibt, obwohl er panische
Angst vorm Fliegen hat.“
Xairon: „Die Denkweise der Menschlinge ist manchmal ein wenig unlogisch, ich weiß. Vermutlich, weil sie die
primitivste bekannte Spezies darstellen, die über eine ausgeprägte Sprache und die Fähigkeit zum selbstreflektierenden Denken verfügt. Aber ich
bin fest davon überzeugt, dass viele ihrer Verhaltensweisen nur antrainiert worden sind, und nicht ihrem endgültigen Potential entsprechen. Sie sind
wenn du so willst einfach falsch abgerichtet worden...“
Zethu: „Abgerichtet? Wer soll sie denn bitte abrichten, wo sie doch einsam an der Spitze der Nahrungskette ihres
Planeten stehen?“
Xairon: „Das ist das, was sie „Erziehung“ nennen. Sie richten sich gegenseitig ab. Ihr Nachwuchs wird von ihnen,
manchmal auch mit Gewalt, so lange betreut, bis er das Verhalten der älteren Tiere verstanden und übernommen hat. Es gibt bei ihnen eine ganz
konkrete Altersgrenze, die die jungen, nicht ernstgenommenen Menschlinge von den älteren, respektierten trennt.“
Zethu: „Wie unproduktiv! Kein Wunder, dass sich ihr kosmisches Bewusstsein seit vielen Generationen kaum
weiterentwickelt hat. Durch diese Abrichtung der Jüngeren nach dem Maßstab der Älteren konservieren sie ja quasi ihr althergebrachtes Weltbild,
ohne dass sich daran jemals etwas Universelles ändern könnte.
Wenn ich mir das vorstelle... man hätte mich damals, als ich dreizehn war, nicht mit auf die Expedition nach Alpha Zentauri fliegen lassen, weil
irgendwer meinte, für mich mitdenken zu müssen...“
Xairon: „Dann wärst du zumindest nicht von dem zwei Meter großen Eis-Mutanten vergewaltigt worden.“
Zethu: „Ja, das meine ich ja. Mein Leben hätte sich unter Umständen in eine völlig andere Richtung entwickelt...
und ich hätte vielleicht nie erfahren, ob ich stark genug für dieses Universum bin oder nicht... wäre für immer weit unter meinen Möglichkeiten
geblieben.“
Xairon: „Genau wie die Menschlinge hier. Wer weiß, ob in manchen von ihnen nicht auch ein so unerschrockener
Sternenkrieger wie du schlummert...“
Zethu: „Warum überdenken sie dann nicht einfach ihr System und finden es heraus? Die Erfahrungen, die man in jungen
Jahren macht, sind schließlich die prägendsten. Die sollte man keinem Lebewesen vorenthalten.“
Xairon: „Das hat etwas mit ihrem Verständnis von Zivilisation zu tun. Genau wie wir glauben sie zwar, dass es die
moralische Pflicht der Starken ist, die Schwachen zu beschützen und zu fördern. Doch anders als bei uns hat sich diese richtige Erkenntnis leider in
eine falsche Richtung weiterentwickelt.
In ihren Augen haben die starken, durchsetzungsfähigeren Mitglieder der Herde auch das Recht, für die Schwachen mitzudenken und in deren Namen
Entscheidungen zu fällen. Sie glauben nunmal, dass das Verhindern von all zu schmerzhaften Erfahrungen weitaus wichtiger ist als das
Selbstbestimmungsrecht ihres Nachwuchses. Und wenn auch nur einer von ihnen anders handeln würde, würde er sehr schnell vor der gesamten Herde
vorgeführt und bestraft werden.“
Zethu: „Also muss man sie mit Gewalt dazu zwingen, diese Verhaltensweise einzuhalten?“
Xairon: „Ich denke, die meisten richten ihren Nachwuchs eher aus Mitgefühl ab. Aus Angst, ihr Junges könne sich
verletzen oder hilflos in einer Falle verenden, verbieten sie ihm eher ein bisschen zu viel, als ein Stück zu wenig. Andere wiederum vernachlässigen
ihren Nachwuchs völlig, schenken ihm Freiheit, aber keine echte Liebe. Doch nur die Verbindung von beidem lässt ein Wesen nunmal optimal gedeihen.
Das haben viele Menschlinge noch nicht verstanden... und so versuchen sie eben, durch Vorschriften und Regeln ihrem Nachwuchs die bestmögliche
Entwicklung zu garantieren.“
Zethu: „Und was ist in ihren Augen die bestmögliche Entwicklung? Lass mich raten... ein angepasstes, gut
funktionierendes Mitglied ihrer Herde zu werden, richtig?“
Xairon: „Vielleicht auch ein glückliches Leben zu haben. Für viele von ihnen ist das ohnehin beinahe das selbe.
Die Elterntiere haben eben durch eigenen Erfahrungen erkannt, dass sie in einer unbarmherzigen, materiell denkenden Welt leben. Sie wollen ihrem
Nachwuchs diesen schmerzhaften Lernprozess ersparen... und daher versuchen sie von vorneherein, ihre Jungen auf ein Leben in den sicheren,
vorgegebenen Strukturen ihrer Herde vorzubereiten.“
Zethu: „Da haben wir’s wieder: Übertriebenes Sicherheitsdenken... das verzweifelte, krampfhafte Festhalten an
einer Existenz, die man nicht festhalten kann. Wie bei allen niederen Humanoiden eben. Ich nehme mal an, dass bei all der Beeinflussung, der die
Menschlinge in jungen Jahren ausgesetzt sind, auch ihr Verhältnis zur Sexualität stark gestört sein muss...“
Xairon: „Natürlich. Es gibt strikte Regeln, ab welchem Alter sie miteinander sexuelle Kontakte haben dürfen.
Außerdem scheint gleichgeschlechtlicher Kontakt bei ihnen weitaus weniger erwünscht zu sein als der gemischtgeschlechtliche.“
Zethu: „Weil sie eben ihren Trieben folgen, und nicht ihrer Seele. Wie bei den primitiven Säugetieren signalisieren
ihnen vermutlich bestimmte Duftstoffe, dass ein Weibchen zur Befruchtung bereit ist, und dann vollziehen sie eben den Geschlechtsakt. Ohne sich
irgendetwas dabei zu denken oder eine seelische Verbundenheit zu spüren.“
Xairon: „Nein... ganz so ist es nicht. Es gibt durchaus tiefe Verbindungen zwischen ihnen, wenngleich natürlich
nicht so ausgeprägt wie bei uns. Und es gibt sehr wohl auch Menschlinge, die gegen die von der Herde aufgestellten Normen verstoßen und eine andere
Form der Sexualität ausleben.“
Zethu: „Aber warum stellt die Herde dann überhaupt Normen auf? Das mit dem Schutz des Nachwuchses leuchtet mir ja
noch halbwegs ein... aber warum wird die gemischtgeschlechtliche Sexualität bevorzugt, wenn es nicht, wie ich vermute, ganz einfach ihr Instinkt ist,
der sie so handeln lässt?“
Xairon: „Das hat etwas mit dem zu tun, was sie „Religion“ nennen. Ich habe dir ja schon einmal davon erzählt.
Alte Verhaltensregeln, die ihnen vor vielen tausend Jahren einmal nützlich und sinnvoll erschienen, werden von Generation zu Generation
weitergegeben... und, um deren Einhaltung zu garantieren, wurden diese Regeln mit einem irrationalen Glauben an übernatürliche, unsichtbare Kräfte
vermischt, vor denen sich die Menschen fürchten und klein fühlen sollen.
So ist zum Beispiel ihre Tradition, dass man nur jeweils einen Partner zur selben Zeit lieben darf, unter anderem darauf zurückzuführen, dass es
früher aufgrund ihres übertrieben egobezogenen Denken oft zu primitiven Gefühlsäußerungen wie Eifersucht oder Neid gekommen war. Um dem dadurch
entstehenden Streit und Chaos vorzubeugen, wurde dann eben die Vorschrift eingeführt, dass man nur einen Partner haben darf. Es gibt sogar einige
alte, rückschrittliche Kulte, die von ihren Hörigen verlangen, dass diese mit ihrem Partner den Rest ihres Lebens zusammensein müssen, ohne je die
Möglichkeit einer Trennung zu haben.“
Zethu: „Man könnte also sagen: Anstatt an sich selbst zu arbeiten und ihren Egoismus als unsinnig zu erkennen und
abzubauen, zwängen sich die Menschlinge lieber in ein starres, unbewegliches Korsett, in dem ihr Egoismus keinen größeren Schaden mehr anrichten
kann. Ist es das, was sie auch als „Staat“ bezeichnen?“
Xairon: „Das ist wohl in etwa das Gleiche. Also, wie ich das verstanden habe, sind Religionen Herden, in denen die
Mitglieder eine ähnliche Weltanschauung haben, während Staaten eher auf ein bestimmtes Revier begrenzt sind, in dem völlig unterschiedlich denkende
Menschlinge zusammengepfercht wurden.“
Zethu: „Ehrlich gesagt... diese Riesenherden sind mir irgendwie unheimlich. Die könnten uns fertigmachen, selbst
wenn wir noch so gut bewaffnet wären. Allein durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit...“
Xairon: „Mag sein. Doch es sind ja für gewöhnlich keine so engen Bindungen zwischen ihnen wie bei uns. Wenn wir
über eine große Herde fliegen und mit dem Laserstrahl in die Menge feuern würden, würdest du schnell sehen, dass jeder von ihnen in eine andere
Richtung rennt und nur noch sein eigenes Wohl im Sinn hat...“
Zethu: „Aber ich verstehe nicht, wie die Menschlinge, falls sie wirklich intelligent sein sollten, dieses Leben dann
überhaupt ertragen können... diese Anonymität, diese Enge, dieses Wissen, nur einer von hundert Millionen zu sein...“
Xairon: „Ach, das ist für die meisten ganz normal. Sie sind es eben nicht anders gewohnt. Aber ich bin mir sicher,
wenn die Übervölkerung ihres Planeten weniger gravierend wäre und sich wie bei uns deutlich weniger Personen ein und die selbe Luft teilen würden,
könnten sie auch prima auf die Anonymität dieser Riesenherden verzichten.“
Zethu: „Das bringt einen doch zu der Frage, wieso es dann überhaupt dazu kommen konnte, dass in Relation zu der
Winzigkeit ihres Planeten so abnormal viele dieser Wesen dort leben. Die müssen sich ja wie die Heuschrecken vermehrt haben... hemmungslos neuen
Nachwuchs in die Welt gesetzt haben, obwohl sie genau wussten, dass nicht mal die vorhandene Population ausreichend versorgt werden
konnte...“
Xairon: „Interessanterweise ist bei minderentwickelten Lebensformen gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten die
Geburtenrate oft sehr hoch. In ihrer Verzweiflung tun solche armen Wesen eben die unsinnigsten Dinge. Zum richtigen Nachdenken fehlt ihnen die Zeit,
die drohende Gefahr steht allgegenwärtig vor der Tür... da machen sie oftmals im Schockzustand ihren Geist dicht und rufen wie die anderen
Säugetiere nur noch ihre bloßen Ur-instinkte ab... fressen, saufen, ein Nest bauen und sich vermehren.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass sich die vielen großen Herden auf dem Planeten in einem ständigen Konkurrenzkampf miteinander befinden...
was dazu führt, dass die meisten Herden, egal ob nun Staats-, Religions- oder Familienherden, ihre Anhänger dazu drängen, schneller und mehr
Nachwuchs zu zeugen, damit sie den rivalisierenden Gruppen zahlenmäßig überlegen sind.“
Zethu: „Also werden junge Menschlinge eher als Mittel zum Zweck herangezüchtet, als dass sie um ihrer selbst Willen
gezeugt werden. Das zeigt doch schon die ganze Bösartigkeit und Primitivität dieser Spezies. Kein Respekt vor dem entstehenden neuen Leben...
egofixiertes Besitzdenken bis in die letzten Winkel ihres kümmerlichen Daseins...“
Xairon: „Das mit dem Besitzdenken ist oft nicht einmal böse gemeint. Wie schon erwähnt: Für die Menschlinge ist
es eben ganz selbstverständlich, dass sich die Starken den Schwachen aufzwängen und sie diesen einen ihrer Meinung nach geeigneten Platz in der
Herde zuweisen dürfen.
Nicht umsonst gibt es bei ihnen auch Regeln, wonach der Nachwuchs bis zum Erreichen des achtzehnten Erdenjahres Eigentum seiner Erzeuger ist. So will
man verhindern, dass die jungen Menschlinge zu früh in die Gesellschaft von gefährlichen Artgenossen geraten.
Denn die Gewissheit, dass in einem anderen Wesen ähnliche Gene stecken wie in einem selbst, lässt die meisten Menschlinge für ihren Nachwuchs eine
erhöhte Sympathie empfinden. Sie sehen sich quasi irrationalerweise selbst in ihrem Nachwuchs, und daher kümmern sie sich intensiver um ihn als um
andere und werden auch rasend schnell eifersüchtig, wenn sich fremde, nicht verwandte Personen in dieses Gefüge einmischen.“
Zethu: „Blutsverwandtschaft... Bevorzugung von Artgenossen mit bestimmten genetischen Eigenschaften... das ist doch
im Grunde der blanke Rassismus! Du magst das jetzt vielleicht etwas positiver sehen, weil diese Art des Rassismus ja nichts zerstört, sondern die
Menschlinge in ihren sogenannten Familienherden zusammenbringt und ihnen Halt gibt... doch ich sage dir: Eine Spezies, die ernsthaft glaubt, dass
biologische Gemeinsamkeiten wichtiger seien als eine Verwandtschaft im Denken und in der Seele... eine solche Spezies würde, wenn sie jemals aus
ihrer Galaxie hinauskäme, nur Chaos, Hass und Verderben im Universum hinterlassen.“
Xairon: „Natürlich. Dafür sind sie noch lange nicht reif. Zunächst müssen sie erst einmal lernen, im kleinen
Maßstab miteinander zurechtzukommen.“
Zethu: „Aber sie müssen den Weg des Friedens und der Freiheit auch wirklich aus sich selbst heraus erkennen, und
nicht nur aus Angst vor Bestrafung zivilisiert miteinander zusammenleben. Du hast doch selbst gesagt, dass es bei ihnen ziemlich viele Regeln und
Traditionen gibt, ohne die ihre sogenannte Gemeinschaft gleich wieder in sich zusammenbrechen würde... Das sieht mir ein bisschen nach dem
verzweifelten Versuch aus, mit Gewalt etwas zu verbinden, was nie für einander bestimmt war. Also ob man eine echte Zivilisation durch Vorschriften
erzwingen könnte...“
Xairon: „Riesenherden wie auf der Erde kannst du eben nicht mit unseren Clans und Verbindungen vergleichen.
Riesenherden haben das Problem der Anonymität. Das Problem, dass so viele unterschiedliche Wesen auf einem Haufen leben, dass sie sich unmöglich
alle untereinander kennen und verstehen können.
Daher werden in Konfliktfällen auch oft sogenannte Richter herangezogen... also Vermittler von außen, die keinen der beiden Streitenden persönlich
kennen und dadurch einen unabhängigen, ihren Gesetzen entsprechenden Entschluss garantieren sollen.“
Zethu: „Wie? Das heißt also, die können nicht einmal ihre einfachen Nachbarschaftsstreitigkeiten selbst lösen,
sondern brauchen dafür profesionelle Vermittler, als ob es dabei um einen großen interstellaren Krieg ginge?
Aber wenn schon Vermittler, dann sollten sie vielleicht wenigstens so clever sein, und Vermittler wählen, die beide Konfliktparteien kennen... und
nicht solche, die keine von beiden kennen. Sonst können sie im Grunde auch gleich einen Würfel nehmen, um eine Lösung für ihre Probleme zu finden,
nicht wahr?“
Xairon: „Die Wahrscheinlichkeit, dass es in so großen, anonymen Herden Schlichter gibt, die beide Parteien
persönlich kennen, ist nunmal ziemlich gering...“
Zethu: „Ein Grund mehr, diese Herden zu fürchten und abzulehnen. Warum halten die Menschlinge dennoch so erbittert
daran fest?“
Xairon: „Weil sie unablässig nach Fortschritt streben. Ihre Vergangenheit hat ihnen nunmal gezeigt, dass sie nur
dann Autos und Flugzeuge entwickeln können, wenn es auch riesige Produktionsherden gibt, die die einzelnen Teile anfertigen und die benötigten
Rohstoffe abbauen. Auch ihr ganzes Wirtschaftssystem zielt darauf ab, dass die Herden ständig wachsen und ihren Lebensraum ausbreiten. Es ist eben
eine ungeheuer technikbegeisterte Spezies.
Bedenke nur mal... sie haben es innerhalb von wenigen tausend Jahren geschafft, von der Entwicklung des Ackerbaus zur primitiven bemannten Raumfahrt
zu kommen. Unser Volk hat für diesen Sprung damals mehr als 500.000 Jahre benötigt.“
Zethu: „Ja. Und zwar aus gutem Grund! So konnten wir in Ruhe unsere Kultur, unsere Philosophie und unseren Geist
entwickeln, so wie es eben auch sein soll... um dann ganz behutsam und gemütlich an die Entwicklung neuer Technologien zu gehen. Nicht mit dieser
panischen Angst im Nacken, dass wir ständig etwas bauen und produzieren müssen, wenn wir nicht über kurz oder lang von anderen, fleißigeren
Artgenossen überrollt werden wollen...“
Xairon: „Man könnte also durchaus sagen, dass die Art und Weise, wie die Menschlinge an die Sache rangehen,
effektiv ist, nicht wahr?“
Zethu: „Effektiv in so fern, dass sie schneller sind als viele andere...ja. Aber sie werden nie so weit kommen wie
unser Volk... denn was nützt dir zum Beispiel der Besitz einer Laserpistole, wenn du nicht über das nötige moralische Verständnis verfügst, um
verantwortlich und sinnvoll damit umzugehen?
Was nützen dir Raumschiffe, mit denen du in fremde Welten reisen kannst, wenn du es noch nicht einmal auf die Reihe bekommen hast, dich selbst
ausreichend kennenzulernen und zu verstehen?
In Eile und Hast sind noch nie dauerhaft bestehende Zivilisationen entstanden, sondern immer nur instabile Übergangslösungen, die über kurz oder
lang an den vielen Widersprüchen, aus denen sie bestehen, zu Grunde gehen werden. Ich sehe ehrlich gesagt noch immer nicht, wieso das ausgerechnet
bei den Menschlingen anders sein soll.“
Xairon: „Vielleicht, weil es unter all diesen Herdentieren auch Außenseiter gibt... darunter einige, die sich von
ihrem Denken her gar nicht so sehr von dir und mir unterscheiden. Die Saat ist schon vorhanden. Es ist nur die Frage, ob sie schon durchsetzungsfähig
genug ist, um sich zu verbreiten, oder ob sie nur zu einem kümmerlichen Pflänzchen wird, das ein paar Jahre trotzig in der Wüste der Einfältigkeit
vor sich hin blüht und dann wieder wegstirbt, ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen...“
Zethu: „Wenn sie wirklich weiter sein sollten als ihre Artgenossen, wird es ihnen vermutlich an der nötigen
Aggressivität mangeln, die man benötigt, um sich in einer solchen kriegerischen, autoritär geprägten Welt wie der ihren Gehör zu
verschaffen.“
Xairon: „Vielleicht sollten wir sie bei Gelegenheit evakuieren...“
Zethu: „Ja, und dann am besten gleich den Rest ihrer Spezies zusammen mit diesem verschmutzten, bemitleidenswerten
Planeten atomisieren. Das könnte unseren Nachkommen viel Ärger ersparen. Wie gesagt, wenn die Menschlinge tatsächlich irgendwann in andere Galaxien
vordringen sollten, ohne sich und ihre gesellschaftlichen Strukturen zuvor radikal zu verändern, dann ist die Kacke mächtig am Dampfen.. und dann
ist der nächste große Krieg nur eine Frage der Zeit.“
Xairon: „Hast Recht. Bei aller Sympathie, die ich für diese Geschöpfe empfinde... wir sollten auf der Hut sein.
Und im Zweifelsfall werden wir das Universum vor ihnen schützen müssen.“
Eine Anzeige auf dem Hologrammdisplay zeigt einen Schwarm altertümlicher Flugobjekte auf sie zusteuern.
Zethu: „Da möchte uns wohl noch jemand kennenlernen.“
Xairon: „Ja, hab’s schon gesehen... Alle Systeme sind voll einsatzbereit. Wir können wieder starten.“
Zethu: „Freut mich zu hören. Ich will nur noch hier weg. So langsam bekomme ich nämlich ehrlich gesagt ein bisschen
Angst, dass die Dummheit auf diesem Planeten ansteckend sein könnte.“
Xairon: „Ach ja: Hast du eigentlich gewusst, dass in ihrer Gesellschaft bestimmte Pflanzen verboten sind, da diese
bewusstseinserweiternde Nebenwirkungen haben?“
Zethu: „Echt wahr? Die haben sogar Pflanzen verboten?“
Xairon: „Ja... weil sie Angst haben, dass die Wirkung dieser Pflanzen die Konsumenten träge und lustlos macht und
sie dadurch nicht mehr die erforderliche Leistung für die Herde erbringen könnten.“
Zethu: „Ohje. So werden sie die wahre Natur des Universums wahrscheinlich nie begreifen... Jetzt hast du es
geschafft, und ich hab doch ein bisschen Mitleid mit ihnen. Wenn ich mir vorstelle, so viele tragische Irrtümer, denen sie hoffnungslos verfallen
sind...
Sie glauben, dass man sich für den Fortschritt beeilen muss... dass man Sicherheit durch Regeln und uniformierte Tiere erreichen könnte, obwohl doch
jedes halbwegs intelligente Lebewesen im Universum weiß, dass nur Erkenntnis und Aufklärung eine Gesellschaft wirklich sicher machen kann... und sie
verbieten Pflanzen... wahrscheinlich verbieten sie auch noch die Sonne, wenn sie irgendwann zu stark scheinen würde. Dann darf man, damit man keinen
Hautkrebs bekommt, nur noch nach Sonnenuntergang hinaus... Andernfalls wird man bestraft...“
Xairon: „Ja, das ist die Logik der Menschlinge. Aber weißt du... gerade deshalb finde ich es ja so spannend, zu
beobachten, wie sich dieses abartige Verhalten weiterentwickelt. Ob sie es noch schaffen, sich aus ihrem selbstgeknüpften Spinnennetz zu
befreien...“
Zethu: „Ich glaube eher, sie werden darin ersticken. Verzweifelt, hilflos, und ohne es überhaupt so richtig zu
verstehen, wieso ihre Gesellschaft nicht funktionieren kann.
Los, reich mir mal die Bong rüber.. und dann lass uns endlich von hier verschwinden!“
Als die Abfangjäger der US-Armee an die Stelle der vermeintlichen Ufo-Sichtung kommen, hat sich das Schiff von Xairon und Zethu längst unsichtbar
und lautlos aus der Atmosphäre entfernt... neuen, ungleich intelligenteren Welten entgegen.
P.S.: Dieses Gespräch fand ursprünglich in Gedanken und telepathischen Bildern statt, und wurde zum besseren Verständnis der Leser in eine bei uns
gebräuchlichere Kommunikationsform übersetzt.
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